Obwohl, manchmal juckt es mich doch. So kann man zum Beispiel im Kreis Heinsberg an einem einzigen Tag über 100 Geocaches loggen, wenn man einmal quer durch das Kreisgebiet fährt. Man könnte die Strecke natürlich auch gehen, aber 60 Kilometer auf Schusters Rappen sind auch für einen Wanderjunkie wie mich durchaus ´ne Hausnummer. Oder man kann sich entlang eines größeren Flusses mit dem Fahrrad bewegen – bevorzugt bergabwärts, damit der eingangs erwähnte Effekt ausbleibt.
Die Idee ein paar Tage entlang der Mosel zu radeln war schon seit längerer Zeit in meinem Kopf. Allerdings hatte sich im letzten Sommer noch nicht so richtig die Gelegenheit ergeben, und wenn sie denn kam, waren keine Räder in ausreichender Zahl vorhanden oder andere Dinge hatten bei der Vergabe der Prioritäten lauter „hier“ geschrieen. Ganz anders dieses Jahr, als wir alles richtig machen wollten und uns planerisch schon zu Jahresbeginn auf eine mehrtägige Fahrradtour moselabwärts eingeschossen hatten. Das Abenteuer sollte in der zweiten Osterferienwoche stattfinden, der Entschluss war gefasst, die Kids begeistert von der Geschichte – was sollte also schon groß passieren?
Herr Murphy, nach dessen gleichnamigem Gesetz ja bekanntlich alles was schief gehen kann auch irgendwann schief geht, begegnete mir mit breitem Grinsen schon während der Detailplanung Anfang Februar. Offensichtlich hatte die halbe Republik ähnliche Pläne wie wir, denn es war nicht mehr möglich an drei aufeinander folgenden Tagen Jugendherbergsunterkünfte entlang der Mosel in etappentauglichen Abständen zu buchen. Auch ein Erweitern des planerischen Horizonts auf die Saar, brachte keine Lösung. Schweren Herzens mussten wir uns statt mit vier nun mit zwei Tagen begnügen. Die Herberge Traben-Trarbach hatte noch ausreichende Kapazitäten und so buchten wir zum Ende der letzten Ferienwoche.
Die nächste planerische Herausforderung bestand darin geeignete Start- und Endpunkte für die beiden Etappen zu finden, zumal wir die Rückreise mit der Bahn erledigen mussten. Dieses Problem war aber relativ schnell gelöst, Föhren (ca. auf Höhe Klüsserath) und Cochem boten sich geradezu an, allerdings kämen so insgesamt 130 Kilometer zusammen, ui ui ui …. und das obwohl ich in punkto Fahrradfahren, anders als beim Wandern, gar keine Erfahrungswerte hatte, wie meine beiden Mädels wohl performen würden. Dies wurde wenige Wochen zuvor mit einer kleinen 50 Kilometer Testtour rheinauf und –abwärts positiv abgeprüft. Um den Filius meiner Liebsten, der ja quasi mit dem Fahrrad verwachsen ist so wie die Hunnenkrieger einst mit ihren Pferden, machte ich mir, völlig zurecht, überhaupt keine Sorgen.
Der Plan stand, und in freudiger Erwartung sahen wir dem Start entgegen, selbstredend immer mit eineinhalb Augen auf der Wettervorhersage, denn der Winter machte keinerlei Anstalten sich endlich zu verkrümeln. Eine Zeit lang sah es so aus, als würde das ganze Unternehmen einfrieren oder ins Wasser fallen oder gar einschneien. Doch die Wetterfrösche kündigten trockenes, wenn auch relativ kaltes Wetter für die beiden Tage an (was für ein Glück, dass wir nicht die vollen vier Tage hatten planen können) und so machten wir uns dann tatsächlich am 04. April um 11:25 am Bahnhof Föhren auf den Weg ins Moseltal, mit Ziel Traben-Trabach.
Doch zunächst musste der landschaftlich und windtechnisch unangenehmste Teil der Tour bewältigt werden. Die Strecke zwischen Föhren und Thörnich an der Mosel führt über die Eifelhöhen durch ein Industriegebiet und der Wind dort oben kam schneidend kalt und überwiegend von vorne. Wenn nicht zur selben Zeit die Sonne begonnen hätte hin und wieder einmal um die Wolkenecken zu spinxen – die Stimmung hätte wie die Temperaturen in der Nähe des Gefrierpunktes gelegen. Aber Gott sei Dank erreichten wir nach einer zügigen Abfahrt eine knappe halbe Stunde später das deutlich windgeschütztere Moseltal. Dort fühlte sich das Wetter überraschend anders an. Mehr und mehr zeigte sich die Sonne und wo der Wind sich zurückzog wurde es direkt ein bisschen warm – frühlingshaft möchte ich das noch nicht nennen, aber nach einem solchen Winter muss man auch mit Kleinigkeiten zufrieden sein.
Schon nach sehr kurzer Zeit stellte sich die Gewissheit ein, dass wir wohl alles richtig gemacht hatten. Das Wetter wurde von Stunde zu Stunde besser, die Sonne hatte das Versteckspiel offenbar auch gründlich satt und zeigte sich nicht nur von ihrer besten Seite sondern auch ganztägig. Es mag an dem immer noch recht ruppigen Wind gelegen haben, dass wir nicht mal im Traum daran dachten uns bis zum Abend einen leichten Sonnenbrand einzufangen.
Jetzt aber mal genug zum Wetter und Planungsgeplänkel. Es hat riesigen Spaß gemacht sich völlig entspannt auf äußerst gut gewarteten Radwegen den Fluss entlang treiben zu lassen. Da wir relativ alleine unterwegs waren, konnten wir die Kids bald, nachdem sie das mit der Radwegbeschilderung kapiert hatten, von Ort zu Ort vorfahren lassen. Verkehrstechnisch brenzlige Situationen sind beinahe auszuschließen, da es fast immer ausreichend breite Radwege gibt, auch wenn man einmal einen oder zwei Kilometer entlang der Landstrasse fahren muss. Steigungen gibt es auf der gesamten Strecke recht wenige, die Stellen an denen weniger ehrgeizige oder sportlich ambitionierte Radler vielleicht absteigen möchten kann man quasi an einer Hand abzählen. Die meiste Zeit rollt es irgendwie ganz von alleine und im Handumdrehen hatten wir die Hälfte des Tagespensums von rund 68 Kilometern abgehakt.
Über die Mosellandschaft muss man nicht viele Worte verlieren, na, vielleicht doch ein paar für die, die sich noch nie in dieser Ecke der Republik getummelt haben. Während unserer Tour war es ja noch zu kalt für Frühling und deshalb war noch kaum Grün zu sehen, aber egal: die Mosellandschaft ist auch so eine absolute Perle unter den deutschen Mittelgebirgslandschaften. Am Oberlauf mit sanft geschwungenen Hügeln auf denen sich die Weinberge erstrecken, in der Mitte eher schroff und steil, vor allem in der Region um Cochem. Da kann sich die Loreley mal ganz locker ´ne Scheibe abschneiden. Die Ortschaften liegen oftmals dort, wo stark eingeschnittene Seitentäler in das Moseltal münden. Ökologisch vielleicht fragwürdig, aber dennoch prägend für das Flussbild sind die vielen Staustufen mitsamt Schleusen (ich glaube es sind insgesamt 12 Stück zwischen Trier und Koblenz) die dafür sorgen, dass die Mosel bei Normalwasserstand eher die Anmutung eines in die Länge gezogenen Sees hat.
Der erste Tag endete nach einem kurzen aber heftigen Anstieg zur Jugendherberge in Traben-Trarbach. Da es dort in unmittelbarer Nähe keine Möglichkeit gibt abends noch etwas zu essen, fragten wir bei der Herbergsmutter nach, ob wir vielleicht noch etwas bekommen könnten. Obwohl wir nichts vorgebucht hatten, der Laden rappelvoll war und es eigentlich auch schon zu spät war fürs Abendessen, zauberten fleißige Hände flugs eine 3-Gänge Mahlzeit auf den Tisch, in der Zeit die wir brauchten um einzuchecken und unsere Taschen aufs Zimmer zu bringen. Ich versäume keine Gelegenheit das zu betonen: egal welche Erlebnisse zu Jugendherbergen wir aus unserer Jugend im Gedächtnis tragen, die Häuser sind mittlerweile viel besser als der, vielleicht etwas nostalgisch angestaubte, Ruf der ihnen immer noch ein bisschen anhängt.
Am nächsten Morgen ging es nach einem ausgiebigen Frühstück auf zur zweiten Etappe mit Endstation Cochem. Ein wenig kürzer als am Vortag (ca. 60 km), dafür aber leider ohne Sonnenschein. Jetzt mussten wir doch noch den Schal etwas enger ziehen und ein wenig bangen, ob es auch wirklich, wie vorhergesagt, trocken bleiben würde. Die 60 Kilometer flößten mir persönlich, auch wenn die Vortagsetappe deutlich länger war, zu Beginn noch ein wenig Respekt ein, weil mir schon der Hintern ein wenig schmerzte – klar, beim Wandern sitzt man ja eher selten im Sattel. Und auch die sehr komfortable (Puristen würden wohl eher „sissy-like“ dazu sagen) Ausstattung meines Treckingrades mit Federgabel, breitem Gelsattel und Sattelfederung konnte die mangelnde Gewohnheit nicht wettmachen. Aber mit ein bisschen Zähnezusammenbeißen ließ sich auch diese anfängliche Verzagtheit überwinden.
Landschaftlich ist dieser Abschnitt gegenüber dem ersten noch mal um einiges spektakulärer.
Vor allem kamen wir an vielen Ecken vorbei, die wir in den letzten Monaten erwandert hatten. Natürlich auch am Bremmer Calmont, dem angeblich steilsten Weinberg Europas, meinem absoluten Lieblingsplatz an der Mosel. Wer sich diesem Teil der Reise antut, und eine Schwäche für pittoreske Ortschaften hat, sollte auf keinen Fall versäumen einen kurzen Abstecher nach Beilstein (haben wir diesmal leider nicht) und nach Ediger-Eller zu machen. Am ersten Tag hatten wir schon Bernkastel-Kues einen kurzen Besuch abgestattet um uns im Café Hansen an fürstlichen Torten, Kaffe und Kakao zu laben, und natürlich auch um einen schnellen Blick in die historische Altstadt zu werfen.
Was war noch? Ach ja, wer Wasservögel aller Art mag kommt an der Mosel auch voll auf seine Kosten. Ich habe noch nie in so kurzer Zeit so viele Schwäne gesehen, natürlich auch Enten (darunter eine sehr exotisch wirkende Art, die immer nur paarweise anzutreffen war) und die mittlerweile allgegenwärtigen Kormorane.
Die Kids haben sich, obwohl meine beiden Mädels ja eher untrainiert auf dem Fahrrad sind, mehr als wacker geschlagen. Eigentlich habe ich noch keinen Kurztrip so entspannt genießen können wie diesen weil die „Kleinen“ immer vorneweg, nie nörgelnd oder klagend ihren Rhythmus fanden und freudig, zügig ihre Bahnen entlang des Flusses zogen. Entspannung pur.
So erreichten wir völlig durchgechillt und im Zeitplan den Bahnhof Cochem wo die einzige Herausforderung darin bestand, mit den Rädern auf den Bahnsteig zu gelangen. Aber der passende Aufzug (den wir wegen der Packtaschen gerne in Anspruch nahmen) war bald gefunden. Man fährt übrigens mit zwei Erwachsenen und drei Kindern inklusive Fahrrädern für geschmeidige 18 Euro mit der Bahn von Cochem nach Föhren, da kann man nicht meckern.
So eine Tour würde ich, obwohl ich ja eigentlich kein Radfahrer bin, jederzeit wieder machen, auch gerne ein paar Tage länger. Vielleicht schafft man ja mal eine Tour entlang des Rheins oder der Donau – soll auch schick sein da unten. Jetzt müssen aber zuerst wieder die Wandermuskeln trainiert werden damit es am Pfingstwochenende im Bregenzer Wald nicht zu einem unerwünschten Konditionseinbruch kommt.
Bilder? Gibt’s auch, na klar! Allerdings nicht so wahnsinnig viele. Ich hatte mir zwar die Kameratasche direkt griffbereit an den Lenker montiert, trotzdem musste ich ja immer anhalten um ein Foto schießen zu können. Die GPS-Trackaufzeichnungen unserer beiden Etappen (damit auch bzgl. der Dokumentation alles im Grünen Bereich ist) findet Ihr bei www.gpsies.com, genauer hier und hier.
Einen relaxten Start in die (hoffentlich sonnige) Woche wünsche ich Euch allen.
Stay tuned …
k0erschgen
Start
Ungefähr auf Höhe Trittenheim entstand das erste Foto. Hier sieht’s noch irgendwie sehr winterlich aus. Aber wenigstens zeigte sich die Sonne. Zu diesem Zeitpunkt haben wir noch nicht den kleinsten Gedanken daran verschwendet, dass wir uns bis zum Abend einen leichten Sonnenbrand einfangen würden.
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Schwanflug
Zwei Schwäne im Anflug auf Trittenheim.
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Seine Majestät
Schwäne gibt’s hier an der Mosel in Hülle und Fülle. Offenbar wurde auch gerade heftigst gebalzt. Nur ganz wenige dieser majestätischen Tiere waren so gechillt unterwegs, wie dieser Zeitgenosse hier.
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Entenflug
Wo es Schwäne gibt, gibt es natürlich auch jede Menge Enten. Vor allem diese Art hier, die ich vorher noch nie gesehen hatte.
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Kormoransch*****
Es hat eine Weile gedauert bis wir kapierten was die Bäume und Felsen so großflächig in dieses helle Grau getaucht hat
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Blick auf Bernkastel
So langsam wurde es Zeit für einen Kaffee
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Blick aus Bernkastel
Das Eckhaus ist wirklich völlig schief und kein Effekt der Kameraperspektive
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Blick aus Bernkastel II
Im Café Hansen (rechts im Bild) haben wir uns mit wirklich fürstlichen Torten und Kaffe oder Kakao für die weitere Reise gestärkt (und auch ein bisschen aufgewärmt)
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Entengang
Das ist die weiter oben erwähnte Entenart im Stehen. Die Tiere tauchten immer nur zu zweit auf.
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Traben-Trarbach
Das Ziel unserer ersten Etappe. Jetzt mussten wir nur noch die Jugendherberge finden
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Tag 2, alles auf Anfang
Leider hatte sich die Sonne über Nacht ein bisschen verkrümelt. Dennoch: froh gestimmt sind Mensch und Maschine
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Ratlose Kormorane
Gesehen an der Schleuse bei Enkirch
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Pittoreske Fachwerkhäuschen …
… wie dieses hier, findet man in Pünderich
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Flussquerung
Ab Zell mussten wir ein Stück auf der anderen Moselseite weiter fahren. Eine gute Gelegenheit um die Mosel mal von oben zu knipsen
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Kirschblütenfest
In St. Aldegund – ich wollte meinen Augen nicht trauen. Gerade auf dem Fahrrad fühlte es sich eher nach Weihnachten an
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Beilstein
Blick auf den historischen Ort. Leider hatten wir keine Zeit für eine Besichtigung
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Reichsburg Cochem
Kurz vor dem Ziel. Der eigentliche Star auf diesem Bild ist der junge Bussard auf der Leitplanke, der überhaupt keine Scheu zeigte. Meine Mädels waren kurze Zeit später nur wenige Meter entfernt, was ihn völlig unbeeindruckt ließ.
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Geschafft
Knapp 130 km später, am Ziel unserer Tour angekommen
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