Sonntag, 9. September 2012

Die Wasser des Venn (II): An Hill, Getz, Esch- und Steinbach

Anfang Juni diesen Jahres war ich zum ersten Mal in meinem Leben zu einer Wanderung im Hohen Venn unterwegs gewesen und hatte mir damals, zwar mit reichlich durchnässten Klamotten aber glücklich, geschworen, dass ich dort in naher Zukunft wieder aufschlagen würde. Heute wurde das Versprechen eingelöst, nicht zuletzt weil der Wanderroutenanbieter meines vollsten Vertrauens eine neue Venntour herausgebracht hatte, die innerhalb kürzester Zeit bereits so viele tolle Kritiken bekommen hatte, dass es schier unglaublich schien. Das mussten wir uns unbedingt live anschauen und so bot sich dieser Sonntag, mit seinem absolut perfekten Wanderwetter (Sonne satt, leichter Wind und auf den Eifelhöhen nicht zu heiß), als optimaler Termin für eine weitere tolle Tour an.

Außerdem musste das neue Navi (Ihr erinnert Euch: mein Garmin Montana 600 hatte bei der letzten Tour im Westerwald plötzlich und beinahe folgenschwer seinen Dienst quittiert) einmal einem gründlichen Praxistest unterzogen werden. Wenig überraschend hatte Amazon anstandslos den Kaufpreis zurück überwiesen und so konnte ich mir schnell das ungefähr gleich teure GPSMAP 62sc von Garmin als Ersatz zulegen. Der GPS-Track war geladen, zusätzlich noch eine ausreichende Auswahl an regionalen Geocache-Listings im Gepäck und wir starteten um ca. 10:00 ab Haus Ternell in Belgien direkt an der Straße zwischen Mützenich und Eupen, mal wieder (zum Glück!) entgegengesetzt der eigentlich vorgesehenen Richtung, auf eine sonnige Wanderung.

Zu Beginn ließ sich die Runde recht konventionell an, aber bereits nach ca. 3 Kilometern wurde mir klar, wie abwechslungsreich auch diese Tour ist. Kurz danach führte der Weg uns zum ersten Mal über das Kutenhart-Venn mit der für das Hohe Venn so typischen, ebenen Graslandschaft die nur durch vereinzelt oder in kleinen Gruppen stehende Bäume aufgelockert wird. Hier zeigte sich auch gleich der Vorzug des leicht aber stetig wehenden Windes, der für wirklich angenehme Temperaturen sorgte, während in anderen Regionen Deutschlands zu diesem Zeitpunkt garantiert bereits die ersten Flüche aufgrund zu heißen Wetters erschallten. Aber nicht nur die höheren Passagen des Venns haben ihren Reiz, eigentlich geht der Spaß erst so richtig in den kühlen Bachtälern los. Die Wanderung führt durch gleich drei dieser unvergleichlich wildromantischen Gegenden wobei wir „nur“ die Täler des Esch- und des Steinbachs bewundern konnten. Hier führt der Weg über teilweise vergessen anmutende Pfade durch teilweise mannshohen Farn und man kommt sich wirklich nach kurzer Zeit vor als wäre man komplett alleine auf der Welt.

Die Route bezieht ihren unvergleichlichen Reiz aus dem ständigen Wechsel zwischen verwunschenen Tälern und den offenen, klaren Vennhöhen und ich möchte hier die Behauptung wagen, dass dem NAE-Team hiermit das Highlight schlechthin geglückt ist. Für Mittelgebirgswanderer ein absolutes Muss! Bezüglich des Anspruchs an Kondition und Trittsicherheit würde ich nicht ganz so hoch greifen wie in einigen anderen Quellen beschrieben – sicher, die Strecke ist allemal kein Kindergeburtstag, aber ich fand die erste, lange Venntour im Juni deutlich herausfordernder, nicht nur wegen der Länge und der Höhenmeter, sondern vor allem wegen der um einiges schlechteren Wegqualität. Auf der heutigen Route konnten wir sogar, nach dem Verlassen des Eschbachtals, für einige hundert Meter (und es hätte noch mehr sein können, wenn uns die Idee früher gekommen wäre) die schweren Wanderschuhe ausziehen und barfuß laufen.

Und dann kam wieder Murphy (nach dessen Gesetz ja alles was schief gehen kann, auch irgendwann schief geht) vorbei, kurz nachdem wir gerade die Taille der „8“ - der die Tour ähnelt wenn man die Strecke auf der Karte ansieht – zum zweiten Mal passiert hatten, und wir deswegen glücklicherweise genau wussten wo wir uns befanden. Ich hatte per GPS einen Geocache „auf´s Korn genommen“ und wollte nur schnell mal in der Beschreibung nachschauen, als mein nigel-nagel-neues GPS abstürzte und nur durch Ein-/Ausschalten wieder zum Leben erweckt werden konnte. Ok, das ist an sich noch nichts besonderes, weil so etwas passiert von Zeit zu Zeit, aber diesmal hatte das Gerät den gespeicherten GPS-Track, also die navigatorische Grundlage unserer Wanderung, zerstört mit dem Ergebnis, dass wir nun den letzten Teil unserer Wanderung in den Wind schreiben konnten.

Mit einem dicken Hals vom Venn bis gefühlt nach Meppen unternahm ich einige verzweifelte Rettungsversuche – vergebens. Wenn mich in diesem Augenblick ein Mitarbeiter der Firma Garmin angerufen hätte um ich zu Marketingzwecken nach meinen Erfahrungen zu diesen tollen Produkten zu befragen ... der Draht hätte weiß geglüht! Die wissen schon genau warum sie so etwas nicht machen. Aber natürlich wurde mir so langsam klar, dass ich das Gerät „out-of-the-box“verwendete, also ohne vorher ein Update der Gerätesoftware durchgeführt zu haben, trotzdem war mit einem solch folgenschweren Crash nicht wirklich zu rechnen.

Um die Wut über unzuverlässige, dafür aber sündhaft teure Gadgets zu kühlen und die Enttäuschung angesichts entgangener Wanderfreuden ein wenig einzudämmen, entschieden wir uns für ein erfrischendes Fußbad im Getzbach. Ein toller optischer Effekt, den das „schwarze“ Wasser hier auf alles helle hat das man in die unerwartet kalten Fluten steckt, sieht irgendwie aus, als würde man seine Füße in Cola zöppen. Dazu passte hervorragend der „on the rocks“-Effekt denn das Wasser hatte maximal 10° C.

Mit eher gemischten Gefühlen – Endorphine auf Anschlag wegen der sagenhaften Wanderung, genauso wie das Adrenalin, weil ich immer noch ein bisschen Mordlust auf beliebige Garmin-Mitarbeiter schob wegen dem abgeschmierten GPS-Tracker - ging es die letzten anderthalb Kilometer zurück zum Auto. Wegen dem fehlenden Abstecher zur Hill, dem vierten Fluss den man während dieser Wanderung hätte begleiten können, kamen wir nur auf ca. 15km statt der erwarteten 22. An den Höhenmetern gemessen gehört die Tour auch nicht zu den härtesten wodurch der sportliche Aspekt heute ein wenig zu kurz kam.

Trotzdem hat sich jeder einzelne Meter und jede Minute voll gelohnt, das Garmin hat mittlerweile ein Softwareupdate bekommen und läuft stabil (und trotzdem werde ich bei den nächsten Wanderungen in jedem Fall noch das Smartphone mit am Start haben). Die vielen tollen Eindrücke die wir auf dieser Tour sammeln konnten werden sich so schnell nicht aus dem Gedächtnis löschen lassen. In jedem Fall kann ich diese Strecke jedem Wanderer uneingeschränkt empfehlen und bedanke mich ganz herzlich beim NAE-Team die sich mit dieser Tour mal wieder selbst übertroffen haben.

Bis demnächst
k0erschgen