Sonntag, 25. September 2011

Burg Pyrmont – Burg Eltz – Müden – Buchsbaumpfad – Karden

Könnt Ihr Euch noch an die wirklich schaurige US-Serie „Das A-Team“ erinnern? Ich würde mich nicht wundern, wenn die Wiederholungen auch heute noch auf irgendeinem drittklassigen Privatsender in der „heavy rotation“ als Werbeunterbrechung laufen würde. Na, jedenfalls gab es dort, sozusagen als „running gag“, den immer wiederkehrenden Satz eines der Hauptdarsteller „Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert!“, den dieser meist, links oder rechts, an seiner riesigen Wir-Haben-Einen-Grossen-Sieg-Zu-Feiern-Zigarre vorbei in die Kamera nuschelte. So schlecht das „A-Team“ auch gewesen sein mag, so zutreffend war der o.g. Satz für den heutigen Wandertag. Zudem standen auch die Werte der übrigen Rahmenparameter (Wetter, Einkehrmöglichkeiten, Gesellschaft) heute auf „optimal“, so dass einem perfekten Tag nichts mehr im Wege stand.

Damit aber so ein Plan funktioniert, muss er zuerst einmal erarbeitet werden. Das ist heutzutage, zumindest technisch, viel einfacher als man zunächst erwarten würde, vorausgesetzt man wandert GPS-geführt. Es gibt im Netz eine Vielzahl von Adressen, die einem das Leben leichter machen. Ich will das mal am Beispiel der aktuellen Tour verdeutlichen.

GPS- Trackplanung

Ausgangspunkt der Planung war – wie schon so oft – eine der vorzüglich recherchierten und dokumentierten Touren von www.naturaktiverleben.de. Die Route von der Burg Pyrmont über die Burg Eltz nach Müden (Mosel) stand ja schon seit einigen Wochen auf dem Programm. Allerdings handelt es sich hierbei um eine Streckenwanderung und keine Rundtour. Der Rückweg hätte also – wegen nicht vorhandener ÖPNV-Möglichkeiten - mit dem Taxi bewältigt werden müssen. Eine Aussicht, die mir schon fast ein wenig dekadent erschien. Zudem stellten die etwas „unrhytmisch“ über den Weg verteilten Einkehrmöglichkeiten eine weitere planerische Herausforderung dar.

Zum Glück gibt es aber auch noch andere Adressen im Netz die GPS-Tracks für alle Lebenslagen anbieten. Da wäre an erster Stelle www.gpsies.com zu erwähnen. Hier laden Freizeitsportler und -aktive aller Coleur Ihre Spazierwege, Wanderrouten, Joggingstrecken, etc. hoch. Einem Hinweis auf der NAE-Seite zu der o.g. Tour folgend habe ich dann den Fahrplan der Linie RMV-330 – dem sogenannten „Burgen Bus“ - gegoogelt. Der Bus verkehrt an Wochenenden und Feiertagen zwischen Karden und Hatzeport und fährt dabei auch die Burgen Pyrmont und Eltz an. Jetzt nahm der Plan langsam Gestalt an. Mithilfe von www.gpsies.com war schnell die Verbindung zwischen dem Bahnhof Karden und dem Anfang der NAE-Tour gefunden. Zudem war noch der Streckenabschnitt zwischen Müden und Karden zu planen. Auch diese Aufgabe war nach ein wenig Recherche schnell erledigt, denn zwischen Müden und Karden liegt der wunderschön augearbeitete 4,1 km lange Buchsbaumpfad.

Jetzt noch flugs die (3) verschiedenen GPS-Tracks in Map-Source zusammengebaut und auf den Garmin GPS-Tracker geladen (meiner trägt übrigens den Namen „K.I.T.T.“ - wo wir ja schon eingangs beim Thema schlechte US-Serien waren) und fertig waren 24,92 km Rundwanderweg mit reichlich Höhenmetern.

Ich möchte meinen GPS-Tracker und die Möglichkeiten der Tourenplanung die sich mit GPS bieten auf keinen Fall mehr missen. Einen GPS-Tracker der für diese Zwecke ausreicht bekommt man schon ab ca. 150 €. Wer ein Smartphone mit GPS-Empfänger sein Eigen nennt, sollte sich mal im App-Store umschauen, da bekommt man die gleiche Funktionalität fast geschenkt.

Neben all den technischen Begleitumständen wollen wir aber jetzt nicht den eigentlichen Zweck ausser acht lassen …

das Wa-ha-ha-hahaha-handern

Recht spät – zumindest für meine Verhältnisse – ging es los. Der Burgen-Bus startet seine 2. Runde um 11:15 deswegen sollte 09:45 früh genug sein um entspannt zum Bahnhof Karden zu gelangen. Nachdem wir mit dem Busfahrer verhackstückt hatten, dass er uns eingangs der Ortschaft Roes aussteigen lässt, obwohl es dort keine Haltestelle gibt, konnte es losgehen. Die stellenweise holprige Strecke genossen wir von der letzten Bank des kleinen 18-sitzigen Busses aus – ein Gefühl wie auf Klassenfahrt.

Vom Kreisverkehr vor Roes führte uns der Weg bergab durch den Ort in Richtung Elzbachtal. Die ersten anderthalb Kilometer noch auf geteerten Straßen, doch bald schon ging es auf den ersten Abschnitt des Traumpfads „Pyrmonter Felsensteig“. Hier erwartete uns eine wirklich wunderschöne Wegführung, die ja die meisten Traumpfade bieten. Durch wildromantische Täler, lichte Laubwälder und über vereinzelt eingestreute Steigungen ging es zügigen Schrittes zur Burg Pyrmont, der ersten Station. Auf der Burg Pyrmont war gerade ein großes mittelalterliches Spektakel im Gange samt dem dazu gehörenden Menschenauflauf. Deswegen haben wir uns einen Besuch der Burganlagen erspart. Außerdem war es ja schon fast Mittag und somit Zeit für das wohlverdiente (n`doch, n`doch, n´doch!!!!) Weizenbier und einen kleinen Imbiss der uns für die restlichen 22 km in die rechte Form bringen sollte.

Als Einkehrmöglichkeit kann man die Pyrmonter Mühle nur wärmstens empfehlen. Allerdings war auch hier ein Betrieb wie auf dem Wochenmarkt „ze Kölle“. Mit einer guten Portion Glück konnten wir jedoch einen der begehrten Tische auf der Sonnenterrasse ergattern und uns an Bandnudeln mit Pilzen in Rahmsauce laben. Dann war es aber höchste Zeit mal ein paar Kilometer und Höhenmeter unter die Wanderstiefel zu bekommen.

Das Eltzbachtal gehört zu einer der schönsten Mittelgebirgslandschaften die ich in diesem Sommer durchwandert habe. Zum allgemein runden Gesamteindruck trug natürlich auch das Traumwetter bei, welches sich mit warmem Sonnenschein und üppig auf den Himmel aufgetragener, blauer Farbe von seiner allerbesten Seite zeigte. Die ersten zwei Drittel der Tour lassen sich bestimmt auch im Hochsommer bei hohen Temperaturen bewältigen, da es meistens durch schattige Wälder entlang des kühlenden Eltzbachs geht. Nach einigen Kilometern erreicht man die Burg Eltz die einigen von uns noch vom alten 500 DM-Schein bekannt vorkommen dürfte. Leider sind derzeit große Teile des Gebäudes eingerüstet und ein riesiger Baukran verleidet ein wenig den Blick auf die, meiner bescheidenen Meinung nach, schönste aller deutschen Burgen. Dafür ist aber auch sichergestellt, dass uns der sehr imposante Anblick noch für viele Jahre erhalten bleibt. Wer genug Zeit hat, sollte unbedingt die sehr interessante Führung mitmachen. Leider hatten wir noch ein bisschen Strecke vor der Nase.

Weiter ging´s das Eltzbachtal hinunter wo die Wege jetzt nach und nach ein weniger breiter wurden. An der Ringelsteiner Mühle gibt es eine weitere Einkehrmöglichkeit die wir allerdings links liegen gelassen haben und das war auch gut so da es sich hierbei offenbar um eine recht grosse Touri-Abfütterstation zu handeln scheint (wobei ich mir jetzt keineswegs anmaße etwas über die Qualität der dort angebotenen Speisen oder Getränke aussagen zu können!) auf jeden Fall war auch hier die Hölle los. Lediglich das Schild „Grosses Kuchenbuffet“ lockte ein wenig, diente aber letztlich mehr als Erinnerung daran, dass Frau Hochscheid ja noch den „Kuchen aus der Dose“ aus dem Outdoor-Store im Rucksack mitführte. So gab es dann kurze Zeit später dann noch eine kleine Rast, quasi mitten im Wald, mit Kuchen aus biologisch angebauten Zutaten, der zudem auch noch gut schmeckte. Ich bin nachhaltig begeistert!

Solcherart gestärkt konnten wir nach einem schmalen Pfad, der uns in die Weinberge oberhalb von Müden ins Moseltal führte, die letzte Etappe, den Buchsbaumpfad, in Angriff nehmen. Da sich die Dämmerung bereits langsam ankündigte war ein wenig Eile geboten. Zunächst ging es auf breiten Wegen duch die Weinberge die einen imposanten Blick über das Moseltal boten. Danach begann der eigentliche Buchsbaumpfad der in einigen Passagen mit Drahtseilen und in den Weg eingelassenen Trittstufen deutlich an einen Klettersteig erinnerte. Eine wirklich wunderschöne Gegend mit interessanter Vegatation (der Buchs bäumt sich hier bis zu drei Metern Höhe auf und bildet stellenweise grüne Wände) und einer Wegführung über einen Pfad der uns wirklich fast den letzten Rest an Kondition abverlangte. Zudem pochten die strapazierten Gelenke (vor allem Knie!) langsam auf Ihr Ruherecht. Dabei ging es zuerst einmal steil hinauf bis auf die höchsten Moselhöhen und anschließens wieder ebenso steil hinab ins Tal. Für lange Verschnaufpausen blieb leider keine Zeit, da das Tageslicht und auch die Wasservorräte langsam aber sicher zur Neige gingen.

Doch all die Strapazen (und auch diverse Gelenkschmerzen) waren bei der Ankunft in Karden fast vergessen, die letzten paar hundert Meter bis zum Bahnhof, an dem ein komfortables Fortbewegungsmittel wartete, ein Klacks und so langsam stellte sich bei uns die Erkenntnis ein, das hier ein perfekter Tag zu Ende ging.

Dem möchte ich nicht mehr viel hinzufügen, außer vielleicht einen dicken Dank an alle die ihre GPS-Tracks und Erfahrungsbereichte ins Netz stellen und natürlich die üblichen, digital konservierten Bildimpressionen in Form eines kleinen Fotoalbums. Leider gibt es diesmal nicht so viele Bilder, da die angeregte Unterhaltung während der Wanderung nur wenig Zeit bot sich auf die traumhaften Motive links und rechts des Weges einzulassen.




Sonntag, 11. September 2011

EifelBahnSteig Etappe 1: Euskirchen - Satzvey

Eigentlich war die Wettervorhersage gar nicht mal so schlecht mit einer Regenwahrscheinlichkeit von 70%. Der für den Vortag angekündigte Niederschlag hatte sich zwar erst während der letzten Nacht eingestellt aber da ich auch sonst selten Pech habe (mit dem Wetter beim Wandern) war ich auch heute wieder bereit etwas zu Riskieren. Nun, es gibt Tage an denen man verliert und Tage an denen die anderen gewinnen …

Michael Hoffmann vom NAE-Team hatte anlässlich der diesjährigen Sommerwanderung ein wenig die Werbetrommel gerührt für die in den letzten Monaten neu entstandenen EifelBahnSteig-Wanderrouten. Die Idee dahinter finde ich so einfach wie genial: man verbinde jeweils zwei benachbarte Bahnstationen der DB-Strecke Köln-Trier mit einem Wanderweg. So sind An- und Abreise sehr einfach zu bewältigen und man muss nicht immer mit dem Auto durch die Gegend fahren. Wenn man dann noch ein VRS-Monatsticket besitzt ist alles perfekt.

Da ich meistens ein strukturierter Mensch bin, fange ich natürlich auch mit dem EifelBahnSteig von vorne an, also bei Etappe Nummer eins, und die führt von Euskirchen über Stotzheim und Kreuzweingarten durch den Billiger Wald über Maria Rast nach Satzvey. Eine Entfernung von 27km über 350 Höhenmeter verteilt klang nach einem besseren Spaziergang, aber ich hatte für den Abend noch einen Termin auf dem Kalender und deswegen war mal wieder Frühtau angesagt um nicht nachmittags noch in Hetze verfallen zu müssen (außerdem ist morgens das Licht zum Fotografieren viel besser ;-).

Was sich am frühen morgen noch als traumhafter Wandertag mit idealem Wetter anfühlte verwandelte sich ab ca. 12:00 mittags in eine recht nasse Angelegenheit. Deswegen reißt die Flut der Bilder auch ungefähr zu dieser Zeit ab da ich eine Überschwemmung im inneren des Kameragehäuses vermeiden wollte, alles andere trocknet von alleine.

Aber der Regen war aber nicht das einzige, unangenehme von oben. Als das Wetter umschlug befand ich mich hauptsächlich in geräumigen Laubwäldern die den Regen zunächst weitgehend abhalten, man bekommt halt nur ein bisschen Sprühregen mit. Auch deswegen hatte ich das gelegentliche, entfernte Gewittergrollen zunächst ignoriert. Allerdings ließ der Schutz des Laubdaches doch langsam nach und irgendwann wurde mir klar, dass die Blitzeinschläge immer näher kamen. Zu diesem Zeitpunkt befand ich mich zwischen Kreuzweingarten und dem Billiger Wald. Als ich kurz auf einer hohen Hangfläche verschnaufte und mich talwärts wandte, schlug ca. 300m vor mir der Blitz ein. Das war der Moment in dem mir unmissverständlich klar wurde, dass bei der Angabe von Wahrscheinlichkeiten (in der Form: „die Wahrscheinlichkeit von einem Blitz getroffen zu werden liegt bei 1:13.000.000“) auch immer die Eins vor dem Doppelpunkt ihre Daseinsberechtigung hat.

Mit einem sehr mulmigen Gefühl in der Magengrube habe ich den Weg trotzdem fortgesetzt und dabei immer schön auf die Wahrscheinlichkeit vertraut. „Et hätt noch immer joot jejange“ säät mr ze Kölle. Jetzt werde ich den Gedanken nicht los, doch einmal Lotto zu spielen …

Darüber hinaus wäre noch zu erwähnen, dass ich erstmals eine Wanderung vorzeitig abgebrochen habe. Nach ca. 8km im strömenden Regen habe ich mir den Schlussteil mit Burg Veynau und Burg Zievel geschenkt und bin stattdessen direkt unter der A1 durchgeschlüpft in Richtung Burg Satzvey.




Sonntag, 4. September 2011

Calmont Klettersteig in Bremm (Mosel)

Ein kurzer Blick unter meine Küchentheke und ein weiterer in meinen Keller förderten eine unangenehme Wahrheit zu Tage: Meine Weinreserven waren so gut wie aufgebraucht. Seit dem ich begonnen hatte, mir abends zum Essen ein halbes(!) Gläschen zu genehmigen scheint der gute Stoff in den Flaschen regelrecht zu verdunsten. Eine kleine Reise an die Mosel erschien also unvermeidlich. Das klingt jetzt ein wenig nach Zwang, ist es aber nicht. Ich bin gerne an der Mosel. Nicht nur weil es da leckeren Wein gibt, sondern nicht zuletzt wegen der absolut grandiosen Landschaft.

Der Lieblings-Weinlieferant und -erzeuger meiner Familie, das Weingut Amlinger & Sohn (www.amlinger.de) residiert in dem kleinen Weinort Neef zwischen Cochem und Bullay und hat neben meinem Lieblingswein immer noch das eine oder andere gute Tröpfchen am Start. Fährt man von Neef aus ein kleines Stück weit die Mosel hinab findet man auf der linken Seite den Bremmer Calmont, den angeblich steilsten Weinberg Europas. Vor zwei Jahren kannte ich den auch noch nicht, doch dann bekam ich den Namen zum Ersten Mal anlässlich einer abendlichen Schiffstour auf der Mosel zu hören. Vor einem halben Jahr empfahl man mir dann doch einmal den vielgerühmten Klettersteig, der sich durch diesen Weinberg windet, zu begehen. Dies sei für mich als Wanderer eine willkommene Herausforderung im Gegensatz zu den "Rollator-Touren" die ich sonst so zu gehen pflegte. Ein wenig schockiert bis amüsiert über diese flapsige Aussage legte ich den Calmont zuerst mal wieder beiseite, obwohl ich seitdem immer wieder mal einen Blick im Internet (www.calmont-klettersteig.com) riskiert hatte. .

Und heute kamen dann gleich ein paar Umstände zusammen: Meine armseligen Weinvorräte - die Bestände des roten Traubensaftes (den die Kids sich im Liter ´reinziehen würden, wenn ich sie ließe) nahmen sich ebenfalls erbärmlich aus. Zudem hatte meine Frau Mama schon vor geraumer Zeit etwas in der Richtung verlauten lassen, dass sie gerne noch mal einen Abstecher bei Amlingers machen wollte, ebenfalls um ihren Weinkeller wieder aufzufüllen. Eine gerade noch brauchbare bis leicht pessimistisch angehauchte Wettervorhersage für den Sonntag rundeten das Bild ab. Denn man soll - so sagte man mir - den Calmont nicht bei allzu hohen Temperaturen unter die Stiefel nehmen, da man sonst in der Hitze des Weinbergschiefers ruck-zuck einen weichen Keks bekäme. .

Fehlte nur noch das Überzeugen der Kids zu einer sonntäglichen Wanderung. Zu meiner großen Überraschung erntete ich bereits im ersten Anlauf vollste Zustimmung - kein Wunder, ich hatte die beiden mit entsprechendem Bildmaterial und einer kurzen Beschreibung was sie dort erwarten würde geködert. Erwachsene haben ja sooo einen grundlegend verdorbenen Character, dafür aber auch, die nicht immer dankbare Aufgabe, den Nachwuchs altersgerecht zu bespassen. Ich denke sie werden mir, auch in den kommenden Jahren, den einen oder anderen gelegentlich angewandten psychologischen Kunstgriff verzeihen. .

Nachdem wir den Wagen unterhalb der Eisenbahnbrücke bei Ediger-Eller geparkt hatten stiegen wir über einen schmalen Schieferpfad auf in Richtung Klettersteig. Der Plan lautete, dass wir uns zuerst bis zum Calmont Höhenweg vorarbeiten. Danach wollten wir uns zum anderen Ende des Klettersteigs begeben um dort anhand der Wetterlage kurzfristig zu entscheiden, ob wir das Unterfangen – die eigentliche Klettersteigbegehung - wagen sollten. Doch zunächst sollte ich meiner ersten Prüfung des Tages gegenüber treten ….

Der Aufstieg zum Calmont Höhenweg umfasst etwas mehr als 300 Höhenmeter, die sich allerdings nicht über zwei Kilometer verteilen, sondern eher über gefühlte 200 Meter. Bei diesem Anstieg zeigten mir meine beiden Mädels (8 und 11 Jahre) auf sehr eindrucksvolle Weise, was eine Wander-Harke ist. Es mag an meinem fast 30 Jahre währenden Nikotinmissbrauch (dem ich im vergangenen März erst ein Ende gesetzt hatte) oder an Form und Gewicht meiner Rettungsringe oder aber einfach an schlechtem Karma liegen – obwohl ich viel unterwegs bin (auf Schusters Rappen, versteht sich) laufen die beiden mich an solchen Hängen immer wieder in Grund und Boden.

Es ist deprimierend! Trotzdem habe ich tapfer mitgehalten und mir nichts anmerken lassen. Mein Puls lag dabei ganz locker oberhalb der 170er Marke. Oben angekommen trafen wir auf ein Ehepaar, welches sich in der kleinen Schutzhütte zu einer Rast mit Traumaussicht niedergelassen hatten. Wir kamen ins Gespräch und die Frage seit wann wir denn unterwegs seien, beantwortete ich nach einem kurzen Check meines GPS-Trackers mit „ca. 10 Minuten“ worauf ich nur ungläubige Blicke erntete. Eine weitere Überprüfung der Zeiten des GPS verglichen mit meiner Kamera ergab eine korrigierte Zeit von ca. 20 Minuten. Die Reaktion der Wandererkollegen blieb indes die gleiche: „Wir brauchen immer so ca. 1 Stunde bis hier hoch.“. Ich verstehe ja dass mag ein wenig angeberisch geklungen haben, aber sowohl die zuerst gemessene und auch die gefühlte Zeit erschienen mir im ersten Moment schlüssig. Jetzt, nach der genaueren Prüfung der Aufnahmezeiten der Fotos auf meiner Kamera, muss ich feststellen, dass wir diesen Berg tatsächlich in 21 Minuten hoch „geflogen“ sind.

Es folgte ein leichter ca. 2 km langer Abschnitt über den Calmont Höhenweg der sich durch luftige, lichte Eichenwälder an den Einstieg in den Klettersteig oberhalb des Ortes Bremm schlängelt. Eine willkomme Erholungsmöglichkeit, und wir hatten noch gar nicht mit dem Klettern angefangen.

Am Calmont Gipfelkreuz gibt es eine kleine Aussichtsterasse. Bei günstigen Windverhältnissen kann man hier sehr schön den Gleitschirmfliegern zusehen, heute war allerdings keiner zu sehen. Stattdessen gab es hier einen kleinen Geocache zu heben. Die Mädels hatten die kleine Dose schnell gefunden, routiniert gegen unerwünschte Beobachter abgeschirmt geloggt und wieder versteckt. Dann machten wir uns an den Abstieg zum Anfang des Klettersteiges.

Nachdem wir zuerst einmal ca. 150 der vorher mühsam errungenen Höhenmeter wieder an die Schwerkraft abgegeben hatten ging es dann quer in die alten Weinberge des Calmont. Gleich zu Beginn erwartete uns eine respekteinflößende Fels-Drahtseil-Leiter-Kombination. Nun habe ich ja ein etwas seltsames Verhältnis zur Höhe und der damit gelegentlich verbundenen Angst. Normalerweise fühle ich mich sicher, solange ich festen Boden unter den Füssen habe und auf meine Trittsicherheit vertrauen kann. Gähnt vor mir allerdings der Abgrund bewegt sich mein Gemütszustand irgendwo zwischen einem Nibelungen-Siegfried und klassischer Heulsuse. Was konkret eintritt, kann ich vorher nie abschätzen. Dabei habe ich – glaube ich jedenfalls – keine richtige Höhenangst, sondern eher so was wie Höhenrespekt, da ich bislang nie vor Angst erstarrt bin und nicht mehr weiterkonnte. Nach der ersten Passage dachte ich jedenfalls: „das kann ja heiter werden“. Im weiteren Verlauf war aber alles easy. Offenbar gewöhnt man sich doch recht schnell an solcherart veränderte Umstände.

Die Kids indes hatten 100% Kirmes! Ich musste sie – oder fühlte mich jedenfalls dazu genötigt – alle zehn Meter zu Besonnenheit und Konzentration ermahnen. Durch meine häufig stattfindenden Eingaben, die meist mit einem lapidaren „ja ja!“ quittiert wurden (Eltern wissen genau was das tatsächlich heisst :-) ließen die beiden sich jedoch den Spass in keinster Weise nehmen und kraxelten was das Zeug hielt. Zu meinem grossen Erstaunen gab es nicht das geringste Gezänk über die sonst gängigen Reizthemen wie „Ich gehe zuerst!“, „Nein ich!“, „Du warst aber schon die ganze Zeit …!“ „Papa, Hannah hat …. Lisa will immer …“. Stattdessen halfen die beiden sich wie eine eingespielte Seilschaft in der Eiger Nordwand über die verschiedenen Kletterpassagen hinweg. Rrrrespekt, meine Damen! Wenn´s ´drauf ankommt, kann man sich auf Euch verlassen! .

Ich hätte eigentlich gerne noch viel mehr Fotos gemacht. Leider hatte ich bis zuletzt nicht die nötige Zeit und Muße mich dem Ablichten der tollen Passagen und der allgegenwärtigen, grandiosen Landschaft zu widmen. Alle zehn Meter gab es etwas Neues zu entdecken, und obwohl die Kids sehr konzentriert, sicher und entspannt kletterten, konnte ich nicht aus meiner Haut und habe bei jeder kleinen Schwierigkeit mit „guten“ Ratschlägen unterstützt. Die Kids haben´s gelassen ertragen und ich musste mir erst gegen Ende Sätze á la „Papa, Du kannst auch hier an der Seite ´runterklettern. Da ist so´n kleiner Weg!“ anhören. .

Ungefähr ab der Hälfte des Klettersteiges, für den wir im Gesamten ungefähr zwei Stunden brauchten, merkte ich dann einen weiteren Unterschied zu meinen deutlich jüngeren Wandergenossen. Das ständige Auf und Ab forderte seinen Tribut was sich durch ein leichtes Ziehen in den Waden bemerkbar machte. Besonders anstrengend empfinde ich immer das Vermeiden von zu hartem Landen bei tief absteigenden Schritten. Das braucht enorm viel Kraft in der Haltephase und führt zu vorzeitiger Ermüdung der Beinmuskulatur. Während die beiden Bergziegen immer noch bester Laune durch die Weinberge kraxelten, musste Herr Papa so langsam an einen schonenderen Umgang mit den Resourcen denken. .

Gott sei Dank erreichten wir bald eine Aussichtsplattform mit einem kleinen Amphitheater welches genügend Platz bot für eine kurze Rast. Platz ist deswegen auf dem Klettersteig so wertvoll, weil ständig andere Wanderer entgegenkommen und man längst nicht an allen Stellen aneinander vorbei gehen kann. Überhaupt war der Klettersteig heute ähnlich befahren wie die A3 zwischen Dreieck Heumar und Leverkusen. Da ist natürlich maßlos übertrieben und rührt ´wohl viel eher daher, dass wir den Klettersteig entgegen der Hauptrichtung gegangen sind. Hier erledigten wir, neben Aufnahme von fester und flüssiger Nahrung, die restlichen Pflichtaufgaben: Vorbereitungen zum Loggen eines Eartch-Cache treffen, Anfertigung eines adäquaten Erinnerungsfotos, etc. Zusätzlich versuchten sich die Kids im Fangen von Eidechsen. Sogar erfolgreich, was ich nie für möglich gehalten hätte. Die auserwählte Eidechse verlor dabei neben ihrem Ruf als erfolgreiches Fluchttier auch noch ihren Schwanz. Das tat mir natürlich sehr leid und ich musste meinen Unmut darüber in einer kurzen Belehrung über den respektvollen Umgang mit Lebewesen aller Art kundtun. .

Nach insgesamt 4 Stunden erreichten wir die Schutzütte oberhalb des Bahnhofs und trugen uns noch in das dort ausgelegte Gästebuch ein. Danach fehlten uns noch ein paar hundert Meter den Berg hinab zu unserm Auto. Der Tag war damit fast perfekt. Nach einem leckeren Mittagessen in Bremm konnten wir den Tag beschließen und uns auf die Heimreise machen. .

Wie üblich gibt´s auch wieder Fotos. Aus den o.g. Gründen sind es diesmal allerdings weniger als sonst.